Der Sandmann ist eine Novelle und wurde von E.T.A Hoffman (1776-1822) in der Epoche der Romantik geschrieben. Das Werk wurde 1816 herausgebracht und gehört genauer gesagt zu der Schwarzen Romantik. In der Schwarzen Romantik interessierte man sich vor allem für das Unheimliche, Dämonische und Unterbewusste. Der Autor beschreibt in diesem Buch den Wahnsinn und was passiert, wenn man sich wie es in der Romantik üblich war, von den Gefühlen leiten lässt und nicht dem Verstand und der Realität folgt. Interessant ist, dass E.T.A Hoffman viele Sachen im Werk beschreibt, mit denen sich der Psychologe Siegmund Freud nach seiner Zeit auseinandergesetzt hat. Man kann also sagen, dass dieses Werk viele psychologische Hintergründe besitzt, über die man in der Romantik noch nicht bescheid wusste aber für die man sich in dieser Epoche anfängt zu interessieren. Ich werde mich nun genauer mit dieser Novelle befassen, indem ich auf die Form des Werkes, die Beziehung von Nathanael zu Clara und Olimpia, und auf das Motiv des Wahnsinns in diesem Werk eingehe.
Die Form dieses Werk, ist wie schon gesagt eine Novelle. Somit findet man in diesem Buch viele typische Merkmale für diese Form. Die Darstellungsform des Inhaltes ist kompakt, es gibt daher Szenen und kurze Abschnitte. Dies erkennt man in diesem Werk auch an den Briefen. Es gibt auch nur einen Handlungsstrang, der sich durch das ganze Werk durchzieht. Auf den Sandmann bezogen ist es eindeutig, dass das ganze Buch im Grunde von der Geschichte Nathanaels handelt. Im Zentrum einer Novelle, und so auch im Sandmann, steht ein unglaublicher Vorfall. Ein weiteres Kennzeichen ist der Aufbau eines klassischen Dramas. Es beginnt mit der Exposition, also mit den 3 Briefen. Der Leser wird eingeführt in die Personen und die Konflikte, die sich in diesem Buch zutragen. Es folgt eine steigende Handlung, die das Wiedererkennen von Coppelius in Coppola und das Kennenlernen mit der Olimpia beschreibt. Olimpias Zerstörung ist der Höhepunkt. Danach kommt es zu einer fallenden Handlung mit dem Wendepunkt. Man hat im Werk eine Zeit lang den Anschein, dass Nathanale wieder Gesund ist. Der Schluss ist der innere Höhepunkt, bei dem sich Nathanale umbringt. Ein weiteres Merkmal einer Novelle, dass ich noch erwähnen will ist, dass Symbole vorhanden sind. In dem Sandmann sind es die Augen, die in dem Buch immer wieder erwähnt werden und eine zentrale Rolle spielen. Nun zur Erzählperspektive dieser Werkes. Es gibt einen auktorialen Erzähler, der „Allwissend“ ist. Er spricht auch die Leser persönlich an und erklärt uns auch, warum er diese Geschichte mit den Briefen beginnt. „Es war einmal- der schönste Anfang jeder Erzählung, zu nüchtern!- In der kleinen Provinzial-Stadt S. lebte – etwas besser wenigsten ausholen zum Klimax- Oder gleich medias in res […] Ich beschloss gar nicht anzufangen. Nimm, geneigter Leser! Die drei Briefe“ […] Auffallend betreffend des Aufbaus ist noch, dass das Erlebnis seiner Kindheit ihm später nochmals widerfährt, nur in einer anderen Ebene.
Nathanale führt verschiedene Beziehung zu Clara und Olimpia. Zuerst werde ich die Beziehung von Nathanael zu Clara näher betrachten. Am Anfang hat man den Anschein, dass es sich um Liebe handelt, doch von Zeit zu Zeit verändert sich sein Empfinden zu ihr und sie entfernen sich immer mehr. Der Grund dafür ist, dass Nathanael mit seien Gefühlen denkt und Clara eigentlich das Gegenteil von ihm ist. An dieser Stelle merkt man gut, dass sich beide gegenseitig nicht verstehen und Clara anders als Nathanael denkt. „ […] wirf das tolle – unsinnige – wahnsinnige Märchen ins Feure. Da sprang Nathanael entrüstet auf und rief, Clara von sich stoßend: Du lebloses, verdammtes Automat!“. Aus seiner Sicht ist Clara also
ein Automat, da sie nicht so wie er denkt und er sich nicht in ihr sehen kann. Er sucht daher jemand, der ihm zuhört, seine Gedanken mit ihm teilt und ihn bemuttert. Da Clara das
Gegenteil von ihm ist, wird sie ihm das nie verfüllen können. In dem Brief an Nathanael erkennt man ihren rationalen Charakter. Sie ist der Meinung, dass sich die Geschichte von Nathanael in seiner Fantasie abspielt. „Natürlich verknüpft sich nun in deinem kindischen Gemüt der schreckliche Sandmann aus dem Ammenmärchen“[…] gibt es eine solche Macht, so muss sie in uns sich, wie wir selbst gestalten, ja unser Selbst werden, denn nur so glauben wir an sie.“[…] In der Beziehung zu Olimpia hat er nun alles was er gesucht hat. Nathanael erkennt nicht, dass sie einen Automat ist, er bezeichnet sie sogar als einen perfekten Menschen. Er führt eine narzisstische Beziehung mit ihr, denn er sieht sich selbst in ihr. Zu Beginn findet er sie noch starr und komisch doch sein Bild von ihr ändert sich. Ich nenne nun zwei Stellen, an denen man das gut sehen kann. […] und in dem Kuss schienen die Lippen zum Leben zu erwarmen. (S.33) und „Eiskalt war Olimpias Hand, er fühlte sich durchbebt von grausigem Todesfrost, er starrte Olimpia ins Auge, das strahlte ihm voll Liebe und Sehnsucht entgegen und in dem Augenblick war es auch, als fingen an in der kalten hand Pulse zu schlagen […] (S.31)
Das Motiv des Wahnsinns zieht sich durch die ganze Geschichte durch und ist somit ein wichtiges Thema in diesem Werk. Es wird gezeigt, dass es eine innere zerstörerische Kraft gibt, die uns besetzt und unsere Vernunft unterlegen macht. Denn als Nathanale Coppelius in Coppola sieht, kommen seine ganzen schlimmen Erinnerungen wieder hoch und er wird von dieser Kraft besetzt. „Etwas Entsetzliches ist in mein Leben getreten! – Dunkle Ahnungen eines grässlichen mir drohenden Geschicks breiten sich wie Wolkenschatten über mich aus […]. In der Romantik wusste man noch nichts von einem Kindheitstrauma, das psychische Probleme mit sich bringen kann. Dies hatte dann später Freud mit der Psychoanalyse erklärt. Nathanales Leben wird von diesem Kindheitserlebnis geprägt und dadurch wird seine Wahrnehmung immer mehr gestört. Vor allem das Perspektiv verzerrt sein Sehsinn vollkommen. Wie vorher schon erwähnt, erkennt er nicht das Olimpia ein Automat ist. Und will am Ende sogar Clara umbringen, als er sie durch das Perspektiv betrachtet. Das Auge spielt dabei eine wesentliche Rolle. Das Auge wird als Spiegel der Seele gesehen und man erkennt mit ihm, ob etwas real oder unreal ist. Bei dem Erlebnis mit Coppelius in seiner Kindheit kommen auch die Augen vor. „Nun haben wir Augen-Augen ein schön Paar Kinderaugen. So flüsterte Coppelius und griff mit den Fäusten glutrote Körner aus der Flamme, die er mir in die Augen streuen wollte“(S. 9) Nathanale hatte schreckliche Angst seine Augen zu verlieren, vielleicht ist dies der Grund, wodurch seine Wahrnehmung immer mehr und mehr zerstört wurden, denn auch Olimpia riss man die Augen aus. Da das was mit Olimpia geschieht ähnlich ist wie das was in seiner Kindheit passiert ist, wird er wieder an dieses Trauma erinnert und von Wahrnehmungsstörungen und inneren Kräften verfolgt.
Meine persönliche Meinung über das Buch ist sehr positiv. Viele Aspekte, die in diesem Werk vorkommen, sind auch heute noch aktuell. Wenn man sich unsere Gesellschaft ansieht, kann man bemerken, dass es heute viele Menschen mit Wahrnehmungsstörungen gibt. Zum Beispiel der Schönheitswahn dünn zu sein, löst bei vielen Menschen aus, dass sie sich dick sehen, obwohl sie es eigentlich gar nicht sind. Heute wissen wir jedoch über diese Krankheiten bescheiden und können sie behandeln. Auch das Motiv des Automaten gibt es in unsere Zeit. In vielen Filmen verwendet man Roboter oder Dinge, die eigentlich nicht leben werden menschlich gemacht. Ich finde es auch sehr interessant zu sehen, was mit einem Menschen durch ein Trauma passieren kann. Das ganze Leben kann sich dadurch verändern und man wird nur noch von diesem Erlebnis verfolgt. Hierzu ein Zitat an dem man sehen kann, dass Nathanael von seinem Erlebnis verfolgt wird. „Und damit holte er [Coppola] immer mehr und mehr Brillen heraus, so, dass es auf dem Tisch seltsam zu flimmern und zu funkeln begann. Tausend Augen blickten und zuckten krampfhaft und starrten auf zu Nathanael“(S.27)
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Sandmann ein Werk über einen Jungen ist, der ein schlimmes Erlebnis nicht vergessen kann und daher wahnsinnig wird. Es werden auch zwei verschieden Personen der Romantik beschrieben. Clara als Philister, die immer rational denkt und Nathanale als Künstler, der seinen Gefühlen folgt. Das Buch ist spannend zu lesen und da viele Sachen nicht erklärt werden warum sie so sind, also viele Sachen offen bleiben, kann man sich selber Gedanken darüber machen. Ich würde das Buch allen Leuten empfehlen.
Montag, 30. November 2009
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